Nordbahntrasse → Geschichte vom Tanztunnel Dorrenberg
Auf der beliebten Nordbahntrasse in Wuppertal gibt es einen Tunnel der besonderen Art, den Tanztunnel. Einigen Wuppertalern ist er auch noch als Dorrenberger Tunnel bekannt. Aber wie kam er zu seinem neuen Namen? Dies wissen die vielen Radfahrer, Skater und Wanderer der Nordbahntrasse nicht. Deswegen will ich hier die Geschichte vom Tanztunnel erzählen.
Als der Tanztunnel nur der Dorrenberger Tunnel war
Oder als er nur einer von vielen Eisenbahntunneln im Stadtgebiet von Wuppertal war. Nicht besonders lang und nicht besonders gebaut. Hier führten seit 1879 zwei Gleise von der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft 175m lang unter dem Dorrenberg in Wuppertal-Elberfeld.
Die roten Dieseltriebwagen waren typisch für die Rheinische Bahnstrecke. Sie wurden von den Wuppertalern meist nur liebevoll “Teckel” genannt.
Der Eisenbahnbetrieb und damit die Nutzung des Dorrenberger Tunnels endete 1999. Tunnel und die mittlerweile einspurige Bahnstrecke wurden sich selbst überlassen.
Die Nutzung der Rheinische Bahnstrecke war nun: Müllkippe, Partygelände für betrunkene Jugendliche und ab und zu Gelände für interessierte Fotografen.
Die Geburt vom Tanztunnel
Mittlerweile waren die alten Tunnel der ehemaligen Bahnstrecke recht beliebt für Partys. Diese waren privat organisiert und meistens von Jugendlichen. Das Bahngelände war oftmals abseits von Häusern. Zudem boten die Tunnel zusätzlichen Schutz.
Wuppertal ist auch bekannt als Tango-Hochburg. Sogar auswärtige Tänzer treffen sich in den zahlreichen Tanzschulen, im Cafe Tango, im Café Ada etc.. Einer der größten Tango Argentino Bällen seiner Art in Europa findet jedes Jahr in der Historischen Stadthalle von Wuppertal statt.
Nicht sehr weit weg von diesen Stätten liegt der Dorrenberg. Dajana Meier hatte die Idee von einem Freiluft-Tanzgelände. Der Dorrenberger Tunnel war dafür ideal. Er ist in der Nähe der BAB-Anschlußstelle Wuppertal-Katernberg(A46). Die Einfahrt zum Tunnel ist aber etwas abseits der Briller Straße in einer Senke. Also ideal für einen Tanzplatz, inklusive Schutz bei Regen durch den Tunnel. Parkplätze gibt es an der Briller Strasse reichlich. Und Toilettenwagen können problemlos gemietet und aufgestellt werden.
Die Entwicklung zum Tanztunnel
Die Initiatorin Dajana Meier war zu dieser Zeit auch aktiv bei der Wuppertalbewegung. Es war also allen klar: Die Nordbahntrasse wird gesäubert und dann befestigt. Also kein Problem den Platz vor dem Westportal breiter zu befestigen und damit einen Tanzplatz zu schaffen.
Allerdings sollte auch der Tunnel selbst hergerichtet werden. Die Fürther Künstlerin Sabine Bazan wurde zur Ausgestaltung des Tunnels gewonnen. Als Malerin und Grafikerin bearbeitete sie das Thema Tanz seit Jahren. So konnte ihr “Cubanisches fresco 2003” sofort als Vorlage für Malereien im Tanztunnel dienen. Geplant war keine vollflächige Malerei der ganzen Tunnelröhre (175m!), sondern nur der westlichen Tunnelmündung ca. 15-20 m tief. Eine “Bauchbinde” in ca. 3,5-4m Höhe gemalt, sollte Schutz vor Vandalismus bieten. Und zudem besser wirken.
Über Umwege auf das Konzept aufmerksam geworden, setzte sich Ulla Pomian, Projektmanagerin im Bezirkssozialdienst der Stadt Wuppertal, mit Dajana Meier in Verbindung. Sie regte an, die Wandmalerei im Tunnel als Mitmachprojekt durchzuführen.
Die Arbeiten im Tanztunnel
So wurde dann vom 6.9.-14.9. 2008 das Mitmachprojekt Tunnelmalerei unter der Leitung von Sabine Bazan und Dajana Meier durchgeführt.
Und die fertige Arbeit konnte sich blicken lassen. Hier ist die südliche Wand vom Tanztunnel:
Sehenswert war auch die gegenüberliegende Seite. Hier ist die nördliche Wand vom Tanztunnel:
Alle Fotos von den Arbeiten im Tanztunnel und von den fertigen Gemälden sind von Zara Zoë Gayk. Dies ist eine Auswahl von mehreren Aufnahmen. Ich danke Zara Zoë Gayk recht herzlich für die freundliche und unkomplizierte Überlassung dieser Fotos für meine Webseiten.
Schriftzug am Westportal
Noch fehlte ein passender Schriftzug am Tunnel-Westportal. Im Herbst/Winter 2008 fertigte Dajana Meier in ihrer eigenen Keramikwerkstatt die
Schrift “Tanztunnel”. Diese besteht als Relief einzelner Buchstaben.
Den Schriftzug brachte sie im Mai 2009 mit Hilfe eines Steigers über dem Tunnelportal an. Zuvor malte sie in luftiger Höhe den Spiegel für die Schrift .
Der Untertitel “Sag ja, sag nein, getanzt muß sein” ist dem Füssener Totentanz entlehnt.
Weitere Pläne für den Tanztunnel
Die künstlerische Ausschmückung des Tunnels sollte nur der Anfang sein.
Es war bereits damals nur eine Frage der Zeit, wann die Eisenbahnschienen im Tanztunnel verschwinden und die Trasse befestigt wird. Wie schon gesagt, Dajana Meier war auch gleichzeitig in der Wuppertalbewegung aktiv. Auch gab es schon Planungen für eine Beleuchtung im Tunnel. Dajana Meier legte nicht nur ein Konzeptes zur LED-Beleuchtung der Nordbahntrasse vor, sondern entwarf auch eigene, spezielle Kronleuchter für den Tunnel, stabil und fragil zugleich.
Dajana Meier sorgte im Rahmen ihres LED-Projekts gleichzeitig für einen ausreichenden Stromanschluss für eine Tunnelbeleuchtung. Aber auch ihre Pläne für Leuchter im Tanztunnel verschwanden in der “Schublade” und wurden nicht weiter verfolgt. Immerhin ist Dajana Meier noch froh, mit ihrem LED-Projekt für rote Lichtakzente gesorgt zu haben.
Geplant war zwischen Tunnel und Mirker Bahnhof eine “Ölbaumallee” mit Olivenbäumen aufzubauen. Dies war als Bezug zur Nordstadt gedacht, der von vielen “Ölberg” genannt wird. Olivenbäume brauchen zwar Pflege, sind aber in Deutschland mit etwas Hilfe gegen Fröste resistent. Allerdings wurden auch diese Pläne auf eine spätere Zeit verschoben.
Der Tanztunnel heute
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt
Zwischen 2012 und 2014 wurde der Dorrenberger Tunnel -wie alle Tunnel der Nordbahntrasse- saniert und mit Spritzbeton befestigt. Das war leider der Tod für alle Malereien von der Künstlerin Sabine Bazan. Damit ist er innen ein Tunnel wie jeder andere. Nur die Beschriftung auf dem Westportal ist übriggeblieben. Und der Name “Tanztunnel”. Auch wenn viele nichts mehr wissen, über seine bedeutende Vergangenheit und die nicht eingetretende Zukunft.
Mein Fazit: Es ist einfach schade. Ich war begeistert von den Malereien im Tanztunnel. Denn diese machten den Tunnel besonders, ich finde sogar einzigartig. Es hatte das Zeug zu einer Sehenswürdigkeit. Wirklich schade, das dies durch die Sanierung der Tunnelröhre mit Spritzbeton verloren ging. Ob dies alles wirklich nötig war? Darüber kann ich mir kein Urteil erlauben, weil ich das nichteinschätzen kann.
Was machen die Akteure heute?
Dajana Meier ist nicht mehr aktiv bei der Wuppertalbewegung. Ihre grossen Projekte “Tanztunnel” und “LED-Trassenbeleuchtung” sind Vergangenheit. Trotzdem setzt sie sich weiter für Wuppertal ein. Heute ist sie Erste Vorsitzende von “neue ufer wuppertal e.V.”. Die Wupper soll Teil der Stadt werden. Mit Zugängen zur Wupper und Renaturierungsmaßnahmen am Fluß. Auch an einem neuen Weg im Tal , den “Wupperradweg”, wird gedacht. Nicht als Konkurrenz, sondern zur Ergänzung der Nordbahntrasse.
Von der Künstlerin Sabine Bazan stammen die Malereien. Sie entstammen der Thematiken Tango, Salsa, Machismus etc. Meines Wissens war dies ihre einzige Aktion dieser Art in Wuppertal.
Sie ist momentan nicht mehr künstlerisch tätig und hat sich der kunstwissenschaftlichen Theorie verschrieben. Seit 2016 studiert sie an der Folkwang-Universität Kunst- und Designwissenschaften.
Zara Zoë Gayk gab mir freundlicherweise die Fotos von der Arbeit im Tanztunnel und die Fotos von den Malereien. Heute arbeitet sie als Malerin in klassischen und digitalen Formaten, als Fotografin und Filmemacherin.
Wer hat sonst noch Erinnerungen an den Tanztunnel? Ich freue mich u.a. über Hinweise und Überlegungen zu dem Bericht oder den Fotos!